Forum Veranstaltungswirtschaft: Siebter Branc...
Forum Veranstaltungswirtschaft

Siebter Branchendialog der Verbände

Foto: Forum Veranstaltungswirtschaft, ©Marie Hohlbein
V.l.n.r.: Randell Greenlee (VPLT), Linda Residovic (VPLT), Johannes Everke (BDKV), Marcus Pohl (isdv), Sabina Linke (EVVC) und Michael Kynast (FAMA).
V.l.n.r.: Randell Greenlee (VPLT), Linda Residovic (VPLT), Johannes Everke (BDKV), Marcus Pohl (isdv), Sabina Linke (EVVC) und Michael Kynast (FAMA).

Im Rahmen der Prolight + Sound 2023 fand der siebte Branchentalk der Verbände im Forum Veranstaltungswirtschaft statt. Aktuelle Herausforderungen wie die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie, die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine, die Inflation, der Arbeits- und Fachkräftemangel sowie die Ziele des Green Deal auf europäischer Ebene wurden im Hinblick ihrer Dringlichkeit für die einzelnen Bereiche der Verbände diskutiert.

Aus Sicht der Messewirtschaft berichtete Michael Kynast, Vorstandsmitglied des Fachverband Messen und Ausstellungen e.V. (AUMA) und Geschäftsführer Messe Erfurt GmbH, dass der Standort Deutschland immer noch darunter leidet, dass Behörden hierzulande die Messen in 2021 noch verboten hatten und Reisebeschränkungen herrschten. „Es wird deshalb schwer, das wirtschaftliche Ergebnis aus 2019 zu erreichen. Messen müssen künftig ihr Programm außerdem verstärkt internationalisieren. Eine große Rolle spielen in Zukunft natürlich die Digitalisierung und Emotionalisierung von Messen.“

Johannes Everke, Geschäftsführer des Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft e.V. (BDVK), glaubt, dass die Branche einen Paradigmenwechsel braucht, weil sich die Interessen verändert haben: „Die Corona-Pandemie war wie eine Pausentaste. Wir sollten uns aber deshalb nicht auf den Zustand von 2019 zurückentwickeln. Stattdessen müssen wir über neue Zielgruppen und Produkte nachdenken und uns fragen, wie wir das Publikum der Zukunft abholen.“ Auch die gestiegen Preise entlang der gesamten Wertschöpfungskette kämen bei Veranstalter:innen an und seien vor allem für kleine Acts und Clubs eine große Herausforderung.

Marcus Pohl, 1. Vorsitzender der Interessengemeinschaft der selbständigen Dienstleisterinnen und Dienstleister in der Veranstaltungswirtschaft (isdv), mahnte: „Das Thema der Scheinselbständigkeit ist nicht an Corona gestorben. Wir müssen es wieder auf‘s Tableau bringen und uns fragen, wie Beauftragung anders funktionieren kann. Als isdv haben wir hier neue Ansätze, wie zum Beispiel Arbeitsgemeinschaften, entwickelt. Das tun wir auch im Sinne unserer Auftraggeber:innen.“

„Es fehlen nicht nur überall Arbeits- und Fachkräfte“, sagte Linda Residovic, Geschäftsführerin des Verband für Medien- und Veranstaltungstechnik e.V. (VPLT). „Gleichzeitig stellen neue Mitarbeiter:innen und Auszubildende der Generation Z und Y auch ganz neue Ansprüche. Viele haben ein anderes Verständnis in Bezug auf Werte wie soziale oder ökologische Nachhaltigkeit. Diese spielen bei der Auswahl von Arbeitgeber:innen jedoch eine wichtige Rolle.“ Sie wies in diesem Zusammenhang auf die neue Vergütungsstudie 2022/23 hin, die der VPLT auf der Prolight + Sound 2023 vorgestellt hat. „Um unsere Branche zu professionalisieren, benötigen wir mehr Transparenz bei der Vergütung. Auf der Agenda haben wir deshalb künftig auch tarifliche Strukturen.“

Nachhaltigkeit als Gütesiegel

Ein Thema, das alle Verbandsvertreter:innen zentral auf die Agenda der Branche setzen, ist die Nachhaltigkeit: So meint Sabina Linke, Sabina Linke, Geschäftsführerin des Europäischer Verband der Veranstaltungs-Centren e.V. (EVVC), aus Sicht der Veranstaltungs-Centren: „Kund:innen fragen verstärkt nach, ob Events oder Eventstätten umweltgerecht aufgestellt sind. Als EVVC haben wir uns verpflichtet, bis 2030 klimaneutrale Veranstaltungen durch unsere Mitglieder und Partner:innen anzubieten. Bis 2040 wollen wir Klimaneutralität in allen Veranstaltungsstätten erreichen. Kund:innen nehmen entsprechende Labels bei der Beauftragung positiv wahr und erwarten diesen auch zunehmend.“

Marcus Pohl ergänzte, dass in Bezug auf die soziale Nachhaltigkeit zum Beispiel eine Altersvorsorgepflicht für Selbständige relevant ist. Erschwerend für sie: Diese sind nun in Bezug auf eine ökonomische Nachhaltigkeit Teil der Reportingpflicht im Rahmen des Lieferkettengesetzes und müssen selbst entsprechende Nachweise liefern. Linda Residovic wies darauf hin, dass es für mehr Branchendisziplin mehr Kontrollen benötigt. Hilfreich sind zum Beispiel Zertifikate, die nun bei der Auftragsvergabe relevanter werden.

Einig waren sich die Verbandsvertreter:innen, dass zur Professionalisierung gehört, Auftraggeber:innen aus Kultur und Industrie deutlich zu machen, dass bestimmte Aufträge in der bisherigen Form nicht mehr umsetzbar sind: „Wir sollten als Dienstleister:innen lernen, angesichts mangelnder Kapazitäten auch mal ‚nein‘ zu sagen“, so Marcus Pohl. „Wir müssen dann weniger, aber mit demselben Umsatz leisten. Wir zerfleischen uns sonst auf mittlere Sicht und sollten uns dafür besser solidarisieren.“ Dafür brauche es auch nach wie vor die heterogene Landschaft der Verbände, aber deutlich mehr Firmen, die sich darin organisieren. Das Forum Veranstaltungswirtschaft oder die Interessengemeinschaft Veranstaltungswirtschaft (IGVW) zeigen bereits, wie Heterogenität und gemeinsames Wirken seit Jahren erfolgreich vereinbar sind. „Wirtschaftszweige wie beispielsweise die Pharma- oder Chemiebranche sind ebenfalls heterogen“, so Sabina Linke. „Aber sie vereint ein Gesamtinteresse. Als Veranstaltungsbranche und sechstgrößter Wirtschaftszweig in Deutschland gelingt uns das auch.“

Über das Forum Veranstaltungswirtschaft

Das Forum Veranstaltungswirtschaft ist die Allianz sechs maßgeblicher Verbände des Wirtschaftsbereichs. Dazu zählen: der BDKV (Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft e.V.), der EVVC (Europäischer Verband der Veranstaltungs-Centren e.V.), der FAMA (Fachverband Messen und Ausstellungen e.V.), die ISDV (Interessengemeinschaft der selbständigen Dienstleisterinnen und Dienstleister in der Veranstaltungswirtschaft e.V.), der LIVEKOMM (Verband der Musikspielstätten in Deutschland e.V.) und der VPLT (Der Verband für Medien- und Veranstaltungstechnik e.V.).
Ziel der Allianz ist es, Netzwerke, Kompetenzen und Ressourcen zu bündeln, um damit und durch einen gemeinsamen Auftritt bei der politischen Lobbyarbeit noch schlagkräftiger zu sein. Der Zusammenschluss der wesentlichen Sektoren der Veranstaltungswirtschaft versteht sich ausdrücklich nicht als Dachverband, jeder Partner vertritt die spezifischen Interessen seiner Mitglieder auch weiterhin unmittelbar.

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