In der vergangenen Woche ist ein Update des Betroffenheitspapers des Kompetenzzentrums Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes zur Situation der Kultur- und Kreativwirtschaft und die Auswirkungen der Corona-Pandemie erschienen. Darin zeichnet sich ab, dass sich die bisherigen Verluste der Branche bis 2022 in einem Worst Case Szenario auf mehr als 35 Mrd. Euro belaufen könnten. Gleichzeitig ist der Ruf nach Erneuerung und die Notwendigkeit kreativ-unternehmerisch zu agieren so groß wie nie. Das u-institut sieht die Politik in der Verantwortung agiles Unternehmer*innentum zu fördern. Ein Kreativfonds in Höhe von einer Milliarde Euro könnte für die Kultur- und Kreativwirtschaft ist ein daraus resultierender Vorschlag.
Eine Mrd. Euro, oder anders gesagt 0,023 Prozent des nächsten Bundeshaushalts, würden genügen, um 20.000 kreativen Gründer*innen Zugang zu Seed-Kapital in Höhe von 50.000 Euro zu gewähren und ihnen damit die Möglichkeit zu geben, ihre unternehmerischen Ideen nachhaltig zu etablieren. Die Finanzierung wäre ein Vertrauensvorschuss, den die Gründer*innen bei Erfolg – z. B. in Raten von einem Zehntel ihres Jahresumsatzes – zurückzahlen würden. Die Refinanzierung erfolgt nach einer Anlaufphase von circa fünf Jahren durch die am Markt erfolgreich etablierten Unternehmer*innen. Ein Kreativfonds könnte die Kultur- und Kreativwirtschaft als eine der innovativsten Branchen Deutschlands langfristig nachhaltig und widerstandsfähig machen.
„Die Kultur- und Kreativwirtschaft braucht jetzt eine kreative Förderlogik und eine mutige Politik, die bereit ist, neue Wege zu gehen“, betont auch Julia Köhn, Projektleiterin des Kompetenzzentrums Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes: „Insbesondere in der aktuellen Situation bleibt viel kreatives und ökonomisches Potenzial auf der Strecke, weil kultur- und kreativwirtschaftliche Akteur*innen ihren Tätigkeiten oftmals - noch - nicht im Haupterwerb nachgehen können.“ Ein Umstand, der so nicht sein muss: Immerhin existieren zahlreiche erfolgreiche Modelle (wie Hackathons, Innovationsprojekte usw.), die in den letzten Jahren gezeigt haben, wie es anders gehen könnte.
Vor Corona haben fast 100.000 Kreative, Solo-Selbstständige und Kulturschaffende ihr eigenes Unternehmen gegründet (siehe kfw.de). Damit ging fast jede fünfte Neugründung auf ihr Konto. Mit einer Bruttowertschöpfung von 106,4 Mrd. Euro vor Corona (Monitoringbericht der Kultur- und Kreativwirtschaft 2020) liegen sie dabei auf dem Niveau des Maschinenbaus und vor anderen Branchen wie den Finanzdienstleistungen, der Energieversorgung oder der chemischen Industrie. „Ein Kreativfonds wäre eine sichere, mittelfristige Investition in Deutschland als einen kreativen und zukunftsfähigen Wirtschaftsstandort“, betont Wirtschaftsexperte und Geschäftsführer des u-instituts Christoph Backes: „Es ist eine Investition in die wichtigste Ressource, die wir haben: Menschen mit guten Ideen“.
Mit einem der größten Expert*innen-Netzwerke im Themenfeld kreatives Unternehmer*innentum in Deutschland gehört das u-institut zu den zentralen Anlaufstellen für die Sichtbarmachung und Nutzung kreativer Potenziale und Innovationen für die Zukunftsgestaltung. Zu den Aufgaben des Instituts zählen die Entwicklung von Zukunfts-Strategien, Förderung unentdeckter Potenziale und das Bauen relevanter Brücken zwischen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.