Der deutsche Tagungs- und Veranstaltungsmarkt erholt sich nach und nach, wie das neue „Meeting- & EventBarometer 2022/2023“ zeigt, das von der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT), dem GCB German Convention Bureau und dem Europäischer Verband der Veranstaltungs-Centren (EVVC) präsentiert wurde. Die zentralen Kennzahlen zum Markt von Tagungen, Kongressen und Events in Deutschland bestätigen, dass im Jahr 2022 die Zahl an Präsenzveranstaltungen deutlich gestiegen ist, während hybride und virtuelle Formate abgenommen haben.
Im Jahr 2022 fanden in Deutschland über alle Formate – online, hybrid, analog – hinweg insgesamt 2,6 Millionen Veranstaltungen mit insgesamt 266,4 Millionen Teilnehmer:innen statt. Während die Zahl der Online-Teilnehmenden zurückging, erwiesen sich Präsenzveranstaltungen mit hybriden Elementen als die treibende Kraft auf dem Veranstaltungsmarkt. Insgesamt erreichte das reale Volumen der Veranstaltungen vor Ort (Präsenz, hybrid) im vergangenen Kalenderjahr wieder 48,5 Prozent des Niveaus von 2019. Die Erholung des Marktes zeichnet sich mit dem Ende der Corona-Maßnahmen von Beginn des zweiten Quartals ab. Das Veranstaltungsvolumen erreicht in diesem Zeitraum wieder 66 Prozent des Niveaus vor der Pandemie. Auch beruflich motivierte Reisen nehmen im Vergleich zu 2021 wieder deutlich zu.
Durch den Wegfall der Corona-Bestimmungen sind Kongresse, Tagungen und Seminare im letzten Jahr zudem, bezogen auf die Teilnehmer:innenzahl, wieder deutlich größer geworden als im Vorjahr. Das Bedürfnis nach persönlichen Treffen ist gestiegen und relativiert das Verhältnis zu virtuellen und hybriden Veranstaltungen. Angesichts multipler Herausforderungen unterstreicht die Entwicklung des deutschen Veranstaltungsmarktes 2022 dessen transformative Kraft ebenso wie die konstante Relevanz von Business Events im Kommunikationsmix von Organisationen. Dazu erklärt Matthias Schultze, Geschäftsführer des GCB: „Menschen, die im beruflichen Kontext zusammenkommen, sorgen für Wissenstransfer, bilden Netzwerke und liefern so die Plattformen, auf denen Antworten für die großen Fragen unserer Zeit entwickelt werden. Insbesondere in einer Ära multipler, globaler Herausforderungen können sie die notwendigen Transformationsprozesse unterstützen und dem konstruktiven Dialog auf vielfältigen Ebenen und in variablen Formaten eine Bühne bieten."
Entwicklung der Geschäftsreisen im deutschen Incoming-Tourismus
Die Zahl der internationalen Geschäftsreisen nach Deutschland hat sich 2022 im Vergleich zum Vorjahr von fünf auf elf Millionen mehr als verdoppelt. Damit verzeichnet auch das Business Travel-Segment nach zwei Jahren coronabedingter Rückgänge erstmals wieder Wachstum und erreicht rund 70 Prozent des Rekordniveaus aus dem Vorkrisenjahr 2019. Im Vergleich zu den internationalen Wettbewerbern kann Deutschland seine Position als Geschäftsreiseziel Nummer 1 der Europäer mit 9,2 Millionen Geschäftsreisen weiter ausbauen.
Innerhalb des Marktes für Geschäftsreisen gewinnt das MICE-Segment post Corona an Bedeutung. 60 Prozent der Business Trips aus Europa nach Deutschland waren 2022 promotable Geschäftsreisen, aus den Überseemärkten lag deren Anteil sogar bei 67 Prozent. „Die Entwicklung dieses Marktsegmentes ist für uns außerordentlich wichtig, denn der Anteil der Geschäftsreisen am deutschen Incoming-Tourismus aus Europa liegt mit 20 Prozent fast doppelt so hoch wie im europäischen Durchschnitt (elf Prozent). Bei den Reisen aus Übersee erreichen die Business Traveller sogar einen Anteil von 33 Prozent. Um auch in Zukunft an der Recovery zu partizipieren, müssen wir uns kontinuierlich auf die sich verändernden Anforderungen des Marktes im Zuge der ökologischen Transformation einstellen“, sagt Petra Hedorfer, Vorsitzende des Vorstandes der DZT.
Nachhaltigkeit zunehmend im Fokus
Der Bedarf nach einem doppelten Fokus auf persönlicher Begegnung und virtueller Vernetzung wird insbesondere von den befragten Veranstaltern mit Blick auf die Marktentwicklung der nächsten Jahre bestätigt. Vor allem im Hinblick auf das Thema Nachhaltigkeit ist der sinnvolle Einsatz der Digitalisierung unumgänglich. In der aktuellen Befragung wird die Wichtigkeit von Nachhaltigkeit grundsätzlich höher bewertet als bei der letzten. Rund ein Fünftel der Anbieterbetriebe ist bereits im gesamten Bereich der Lieferkette strategisch nachhaltig aufgestellt. Differenziert nach unterschiedlichen Aspekten von Nachhaltigkeit bei Veranstaltungen liegt das Catering knapp vor der CO2-Kompensation und vor einem Zertifizierungssystem.
Optimistische Zukunftsprognosen
Basierend auf den Umsätzen aus 2022 sind die Aussichten für das Jahr 2023 und 2024 überaus positiv. Sämtliche Anbieter bzw. Betriebsarten gehen für die nächsten beiden Jahre von einer positiven Umsatzentwicklung von rund 20 Prozent aus. Die Veranstalter bestätigen diesen positiven Ausblick: 81 Prozent gehen von einer guten bis sehr guten Buchungslage in den kommenden Monaten aus und rechnen mit einem Budgetwachstum von rund 20 Prozent bis 2023/24. Diese optimistischen Prognosen belegen, dass die Durchführung von Veranstaltungen trotz unterschiedlichster Herausforderungen wieder stark gefragt ist.
Neben den positiven Aussichten stellen die Themen Energieversorgung, Inflation und Preissteigerung sowie Personalbedarf die größten Herausforderungen für die kommenden Jahre dar. Zu den meistgenannten Folgen der verschiedenen Herausforderungen zählen bei den Anbietern eine Veränderung der Gebäude-Bewirtschaftung und ein größerer Preisdruck durch die Kund*innen. Für die Veranstalter zählen vor allem die steigenden Kosten und Budgetkürzungen zu den herausforderndsten Folgen. Zusätzlich ist der Personal- und Fachkräftebedarf im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Am stärksten macht sich der Personalbedarf in den Tagungshotels bemerkbar. „Die Auseinandersetzung mit Themen der Diversität und Gleichberechtigung sind wichtige Lösungsansätze für den Fachkräftebedarf und wirken als positive Wettbewerbsfaktoren für Unternehmen“, ist Ilona Jarabek, Präsidentin des EVVC Europäischer Verband der Veranstaltungs-Centren e.V. überzeugt.