Fast 670 gestrichene Messen seit März 2020, bis zu 87 Prozent weniger ausstellende Unternehmen und Besucher:innen auf den wenigen veranstalteten Messen zwischen den Lockdowns sowie mehr als 60 Milliarden Euro gesamtwirtschaftliches Minus und rund zehn Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen: Das ist die Schlussrechnung der deutschen Messewirtschaft zum Auslaufen der Corona-Normen im Infektionsschutzgesetz an diesem Karfreitag. Ein Vor-Corona-Niveau hierzulande erwarten AUMA-Fachleute frühestens im kommenden Jahr.
In der Pandemie seien laut Geschäftsführer des Dachverbandes der deutschen Messewirtschaft, Jörn Holtmeier, bei dreimal so hoher Inzidenz wie in Deutschland in Madrid Messen unter erprobten Hygienekonzepten durchgeführt worden, war in Amsterdam das Messe-Gelände von Lockdowns ausgenommen. In Paris, London und Dubai waren Messen wieder möglich, als hierzulande Lockdowns noch ein großes Thema waren. Das hat in Deutschland auch den Arbeitsmarkt geprägt. Holtmeier erklärt: „Novemberhilfen, Überbrückungsgelder sowie Kurzarbeit haben funktioniert und geholfen, das Schlimmste zu verhindern. Beißende Widersprüche in dieser Pandemie bleiben.“ Zwar konnten so in der Hochphase der Pandemie bis zu 180.000 Arbeitsplätze in der Messewirtschaft allein durch Kurzarbeit gerettet werden, wegen lange fehlender Öffnungsperspektive haben dennoch ungezählte Fachkräfte die Branche verlassen.
Der vom Bund aufgelegte Sonderfonds Messen sei dagegen überwiegend ins Leere gelaufen. Dieser sollte Veranstalter, die Messen aufgrund eines behördlichen Messeverbots absagen mussten, entschädigen. Fast immer waren die Gründe für Absagen aber andere: Strenge Regelungen, wie starre Personenobergrenzen, führten dazu, dass Messen wirtschaftlich nicht realisierbar waren. Ein weiterer Grund war, dass Aussteller und Gäste wegen Restriktionen nicht an- oder einreisen konnten. Allein für die Anerkennung aller Corona-Impfstoffe der Weltgesundheitsorganisation brauchte das Bundesgesundheitsministerium ein halbes Jahr länger als die meisten anderen Länder. Auch wurden Messeverbote meist kurzfristig verhängt. Veranstalter, die freiwillig Messen wegen des Infektionsgeschehens absagten, gingen komplett leer aus. Für ausstellende Unternehmen fehlte ein Absicherungsprogramm.
Das Faktenblatt „Messewirtschaft in Deutschland: Schäden durch die Corona-Pandemie (2020-2022)“ gibt es hier zum Download.
Auch jüngste Zahlen des Welt-Messeverbandes UFI spiegeln den Hürdenlauf der deutschen Messewirtschaft im Global Barometer wider: Während in etlichen Wettbewerbsmärkten die Umsätze bereits ein Vor-Corona-Niveau erreichen, werden viele deutsche Messegesellschaften auch in diesem Jahr noch dahinter zurückbleiben.
Nach mehr als zwei Jahren Eiszeit haben sich Messen im dritten Jahr unter Corona-Bedingungen seit dem vergangenen Frühjahr als enormer Anziehungspunkt bewiesen. Die Nachfrage nach digitalen Ersatz-Formaten ist mit jedem Öffnungsschritt zurückgegangen, 82 Prozent der Befragten geben an, dass virtuelle die physischen Veranstaltungen „auf keinen Fall“ ersetzen. Dazu Holtmeier abschließend: „Die Pandemie hat klar gemacht: An Messen hängt viel. Ihre Relevanz als Treffpunkt für Gestalterinnen und Problemlöser sowie als Schaufenster für Innovationen ist kaum zu überschätzen. Der Bundeswirtschaftsminister ist gut beraten, die enorme Bedeutung zu verstehen und das Messeland Nummer 1 zu stärken. Millionen Menschen aus aller Welt kommen Jahr für Jahr wegen ihrer Leitmessen nach Deutschland. Sie kehren mit starken Eindrücken in ihre Heimatländer zurück.“
Das UFI-Global Exhibition Barometer gibt es hier zum Download.
Der AUMA, Ausstellungs- und Messe-Ausschuss der deutschen Wirtschaft, ist der Dachverband der deutschen Messewirtschaft. International wie national vertritt er die Interessen aller großen und mittleren Messegesellschaften Deutschlands sowie die der Verbände, welche Aussteller, Service-Unternehmen und Besucher vertreten.