Obwohl strikte Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie vorerst wegfallen, steht die Veranstaltungsbranche nun vor einer neuen Herausforderung. Wie in anderen Bereichen sorgt der Fachkräftemangel für Sorgenfalten bei den Verantwortlichen. In seinem Gastbeitrag erläutert Jürg Isler, Event-Architekt und Geschäftsführer der Scenotech GmbH, Schwierigkeiten und Lösungsansätze.
Wie sah die Suche nach neuen Mitarbeitern noch vor fünf Jahren aus? Arbeitgeber schalteten eine Stellenanzeige, erhielten darauf eine Vielzahl von Antworten und konnten sich daraus die besten und am besten geeigneten Bewerber oder Bewerberinnen herauspicken. Diese Zeiten scheinen lange vorbei – genauer gesagt hat sich das Blatt sogar gewendet. Arbeitnehmer sind sich ihrer Wichtigkeit für den wirtschaftlichen Erfolg in der vergangenen Krisenzeit bewusst geworden und bringen Unternehmen jedes Sektors in Zugzwang.
Die Folge: Fachkräfte- und genereller Personalmangel bedrohen eine ökonomische Regeneration der Corona-Jahre und weiteres Wachstum. Auch die Veranstaltungsbranche kann sich trotz jahrelanger Stabilität nun nicht mehr vor diesem Problem verschließen. Zwar lässt sich die Pandemie als Faktor in dieser Entwicklung nicht ausschließen, doch zeichnete sich bereits vor der Krise ab, dass der Eventsektor an seinem Attraktivitätslevel als Arbeitgeber eingebüßt hat. Ein Trend, der sich auch nach den vergangenen zwei Jahren der gesellschaftlichen Stagnation weiter fortsetzt.
Verlorenes Vertrauen
Kaum hatten sich Maskenpflicht, 2G-Kontrollen und ähnliche Regelungen für kleine wie große Events verabschiedet, strömten die Menschen auch wieder zurück zu selbigen. Zwar ließ sich die Rückkehr nicht in dieser Wucht vorhersehen, doch zumindest ist sie im Nachhinein erklärbar – war die Bevölkerung doch so lange gezwungen, zu Hause zu bleiben und beliebte Freizeitaktivitäten ruhen zu lassen, und gab es doch auch einige Termine aus dem Veranstaltungskalender der Vorjahre nachzuholen. Doch der hohe Zuspruch erweist sich als Segen und Fluch zugleich und die erhoffte schnelle Erholung des Eventsektors könnte durch den weitverbreiteten Fachkräftemangel einen jähen Dämpfer erfahren. Bei Unternehmen, die mit der Konzeption und der technischen Umsetzung beauftragt sind, fehlt es an allen Ecken und Enden an Personal.
In den vergangenen zwei Jahren war die Arbeitsgrundlage vieler Unternehmen in diesem Bereich nicht mehr gegeben und auch von diversen Entlastungspaketen schienen sie ausgenommen. So gestaltete es sich für viele Betriebe auf dem Markt schwierig, ihre Mitarbeiter zu halten – sei es aus Gründen der Bezahlung oder fehlender Zukunftsperspektive. Das zurzeit wertvollste Gut wird rarer und rarer. Nun befindet sich der Geschäftszweig in einem gefährlichen Ungleichgewicht zwischen rapide ansteigender öffentlicher Nachfrage und stagnierenden Möglichkeiten, ein dazu passendes Angebot zu liefern. Eine allgemeine Stabilisierung des Marktes können Veranstalter mittlerweile zumindest voraussagen – Reaktionen wie Schließungen, Absagen oder stärker in die Erlebnisse eingreifende Maßnahmen sind vonseiten der Politik wohl nicht mehr zu erwarten.
Gewisse Beständigkeitseffekte lassen sich jedoch auch aus der Veranstaltungsbranche selbst generieren. Hier gilt es Unsicherheit für potenzielle Gäste, aber auch Fachkräfte unbedingt zu vermeiden. Ein komplizierter Spagat, wenn erstere in unausgewogener Relation häufiger vorhanden sind als letztere. Dennoch: The show must go on – komme, was wolle.
Mit klarer Perspektive
Durch Anreize auf verschiedenen Ebenen lässt sich eine neue Generation ansprechen, die den Ausbildungsberuf aufgrund der undurchsichtigen Zukunft bisher nicht in Betracht gezogen hat. Benefits, die über die reine Bezahlung hinausgehen, erweisen sich mittlerweile als unabdingbar – vor allem um die nachkommende Generation anzusprechen. Wertschätzung und ein allgemein gutes Arbeitsklima spielen eine immer größere Rolle für Bewerber. Auch Fachkräfte, die die Branche gewechselt haben, könnten so zurückgewonnen werden.
Aus Erfahrung lässt sich sagen, dass Mitarbeiter, die stabile Arbeitsverhältnisse und eine loyale sowie faire Behandlung erfahren, länger bei einem Arbeitgeber bleiben und auch bessere Leistung abliefern. Leider sind dahingehende Maßnahmen in der Veranstaltungsbranche viel zu unüblich. Doch Entscheider müssen vor allem in Zeiten der Krise erkennen, dass Events nur durch die Kraft und das Wissen vieler entstehen können, die alle motiviert an einem Strang ziehen. Nur mit klarer Perspektive für Unternehmen sowie für die Angestellten lassen sich diese Attribute in die Branche zurückholen und selbige sich an die Zeichen der Zeit anpassen.